Wenn das Trauma bleibt: Verstehen, was PTBS ist – und wie EMDR und systemische Aufstellungen helfen

Was ist eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)?

Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine psychische Erkrankung, die als Folge von belastenden oder lebensbedrohlichen Ereignissen entstehen kann. Beispiele sind Gewalt, Missbrauch, Unfälle, Krieg, Verlust oder medizinische Eingriffe. Das Trauma „brennt“ sich tief ins emotionale Gedächtnis ein – oft so stark, dass das Nervensystem dauerhaft in Alarmbereitschaft bleibt.

PTBS ist keine Schwäche – sondern eine gesunde Reaktion auf eine extreme Situation

Die Symptome der PTBS sind normalpsychologische Reaktionen auf ein unnormales Ereignis. Das Gehirn hat in der akuten Überforderung nicht alle Eindrücke verarbeitet – das Trauma bleibt „unverdaut“ im Körper und in der Psyche gespeichert.

Typische Symptome:

  • Flashbacks: Unkontrollierbares Wiedererleben der Situation in Bildern, Gefühlen, Körperreaktionen.
  • Albträume & Schlafstörungen.
  • Vermeidung: Orte, Menschen oder Gedanken, die an das Trauma erinnern, werden gemieden.
  • Übererregung: Reizbarkeit, Angst, ständige Wachsamkeit (Hyperarousal).
  • Gefühlsabstumpfung oder Dissoziation: Emotionale Taubheit, „nicht mehr da sein“.

Die PTBS kann das Leben massiv beeinträchtigen – in Beziehungen, im Beruf, im Selbstwertgefühl. Doch es gibt wirksame Wege der Verarbeitung und Heilung.

Traumaaufstellung?

Die Traumaaufstellung ist eine spezielle Form der systemischen Aufstellungsarbeit, bei der innere traumatische Anteile und abgespaltene Gefühle sichtbar gemacht und integriert werden können. Im Gegensatz zur klassischen Familienaufstellung geht es nicht um familiäre Dynamiken, sondern um die Folgen eines individuellen seelischen Schocks.

Psychologischer Hintergrund:

Bei einem Trauma wird das Erlebte oft abgespalten – also aus dem bewussten Erleben „ausgelagert“, um das Überleben zu sichern. Diese abgespaltenen Anteile (z. B. das innere Kind, das erstarrt ist) bleiben jedoch im psychischen System aktiv. Die Traumaaufstellung ermöglicht es, diesen abgespaltenen inneren Teilen Raum, Stimme und Würde zu geben.

Wirkung:

  • Inneres Chaos sortieren.
  • Überwältigende Gefühle aus sicherem Abstand betrachten.
  • Das Trauma in Worte und Bilder fassen.
  • Schrittweise Integration der abgespaltenen Ich-Anteile.
  • Zugang zu innerer Stärke und Selbstmitgefühl.

 

Selbstintegrationsaufstellung nach Dr. Langlotz?

Die Selbstintegrationsaufstellung nach Dr. Langlotz ist eine moderne Form der Aufstellungsarbeit, die speziell für psychische Spaltung nach Trauma entwickelt wurde. Sie geht davon aus, dass bei jedem Trauma Anteile der Persönlichkeit „abgespalten“ werden – also nicht mehr im Selbst integriert sind.

Psychologischer Ansatz:

Das „Selbst“ ist die gesunde, stabile Mitte der Persönlichkeit. Trauma führt dazu, dass bestimmte Anteile (z. B. Schmerz, Wut, Scham) verdrängt oder abgespalten werden. Diese Anteile leben im „inneren Raum“ weiter, oft in Isolation oder im Überlebensmodus. Heilung entsteht, wenn diese Anteile wieder in Beziehung zum Selbst treten können

Wirkung:

  • Reduktion innerer Konflikte.
  • Abbau von innerer Fragmentierung.
  • Mehr emotionale Stabilität und Selbstmitgefühl.
  • Stärkung der psychischen Selbststeuerung.
  • Entfernen der verbindenden Gefühle zum Trauma.

 

EMDR – Eye Movement Desensitization and Reprocessing

EMDR ist eine wissenschaftlich anerkannte und hochwirksame Methode zur Verarbeitung von Traumata. Sie wurde von der Psychologin Francine Shapiro entwickelt und basiert auf der Annahme, dass belastende Erinnerungen im Gehirn nicht richtig verarbeitet wurden und so psychisches Leid verursachen.

Wie funktioniert EMDR?

Während der Sitzung wird die traumatische Erinnerung kurz aktiviert, gleichzeitig folgen die KlientIinnen mit den Augen den Fingern der Therapeutin – das sind die sogenannten bilateralen Augenbewegungen. Alternativ können Töne oder abwechselnde taktile Reize (z. B. Klopfen) eingesetzt werden.

Wirkung:

  • Die Augenbewegungen ähneln denen im REM-Schlaf, in dem das Gehirn Erlebtes verarbeitet.
  • Die emotionale Ladung der Erinnerung wird deutlich reduziert.
  • Neue, gesündere Bewertungen werden zugänglich.
  • Die Erinnerung verliert ihre Bedrohung – sie wird integriert statt verdrängt.

 

Fazit:

Alle drei Methoden – EMDR, die Traumaaufstellung und die Selbstintegrationsaufstellung nach Dr. Langlotz – haben das Ziel, traumatische Erfahrungen zu verarbeiten und die innere Selbstregulation wiederherzustellen. Sie unterscheiden sich jedoch deutlich in ihrem Zugang zur Psyche, ihrer Methodik und ihrer therapeutischen Ausrichtung.

EMDR ist neuropsychologisch fundiert, direkt und gut erforscht. Es eignet sich hervorragend für die Bearbeitung konkreter traumatischer Erinnerungen.

Die Traumaaufstellung bietet einen szenischen, bildhaften Zugang zu inneren Traumadynamiken und erlaubt oft eine tiefgreifende symbolische Verarbeitung, besonders bei unbewussten oder fragmentierten Erlebnissen.

Die Selbstintegrationsaufstellung nach Dr. Langlotz legt besonderen Fokus auf Struktur, innere Ordnung und Selbstführung. Sie ist besonders hilfreich bei komplexer innerer Spaltung und einem geschwächten Selbst.

Welche Methode ist „die beste“?

Das hängt stark von der individuellen Situation ab. In der Praxis hat sich gezeigt:

Je nach Traumaart, Stabilität, Zugang zu Emotionen und innerer Struktur kann jede dieser Methoden den entscheidenden Schlüssel zur Heilung bieten – oder sich sinnvoll ergänzen.